OGH (8 Ob 3/25m): Keine Schadenersatzpflicht für natürliche Wurzelbildung bei Bäumen an der Grundstücksgrenze
In einem aktuellen Fall hatte sich der OGH mit einer Klage auseinanderzusetzen, in der ein Grundstückseigentümer Schadenersatz von seiner Nachbarin forderte. Der Kläger brachte vor, dass Wurzeln der Bäume des Nachbargrundstücks Schäden an seiner gepflasterten Fläche und der Entwässerungsrinne verursachten.
Die Entscheidung: Die Klage wurde abgewiesen – was in weiterer Folge vom Berufungsgericht bestätigt wurde. Der OGH wies die die Revision mangels erheblicher Rechtsfrage zurück, stellte aber dennoch klar:
- Das Wachsen von Wurzeln und Ästen über Grundstücksgrenzen hinweg ist ein natürlicher Vorgang und stellt keine unmittelbare und untersagbare Zuleitung dar, weshalb dies grundsätzlich als zulässig anzusehen ist.
- Eigentümer dürfen auch an der Grundstücksgrenze Bäume pflanzen, selbst wenn deren Wurzeln in das Nachbargrundstück eindringen. Dies stelle einen natürlichen Vorgang des Wachstums von Pflanzen und Bäumen dar. Derartige Eingriffe in das Eigentumsrecht des benachbarten Grundstückseigentümers sind daher grundsätzlich zu dulden.
- Ein Anspruch auf Unterlassung und Beseitigung kann im Einzelfall dann bestehen, wenn die Beeinträchtigung (§ 364 ABGB) die ortsübliche Nutzung des Nachbargrundstücks erheblich stört und einen unzumutbaren Zustand schafft, der nicht durch eine einfache Selbsthilfe behoben werden kann. Gleiches gilt, wenn von Bäumen oder Pflanzen eine konkrete Gefahr für Sachen oder die körperliche Unversehrtheit auf dem Nachbargrundstück ausgeht.
Fazit:
Selbst wenn eine Ursächlichkeit der Wurzeln für den Schaden vorliegen sollte, fehlt es an einem Verschulden – und damit an der Haftbarkeit; weshalb die hier in Frage stehende Kausalität keiner Klärung durch den OGH bedurfte.
Die Eigentumsrechte enden nicht an der Grundstücksgrenze – aber auch die natürliche Entwicklung von Pflanzen kennt Grenzen der rechtlichen Verantwortlichkeit. Wo keine klar überwiegenden Interessen des Nachbarn bestehen, bleibt es beim Grundsatz: Natur darf wachsen.
Quelle: Klage wegen vermeintlich durch die Wurzeln de… | OGH | ogh.gv.at
Autoren: Mag. Victoria Dangl
Matthias Rölz